"Das geschriebene Wort ist nur der Anfang einer phantastischen Reise in das Land der Vorstellungskraft und Gefühle. New Talent kennt diesen Weg und geleitet den angehenden, jungen Schauspieler sicher an sein Ziel"



"Ron Burrus, Actors Conservatory
Los Angeles, U.S.A."

 

Presse

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12. Oktober 2005, Hamburger Abendblatt

Eine Frage der Moral

Drehbericht: Christian Berkel in Hamburg. Wie weit darf ein Polizist gehen, um ein Leben zu retten? NDR verfilmt "Die Entscheidung".

Von Mechthild Klein

 

Spielfilmscene

Dreharbeiten in Hamburg: Christian Berkel spielt den Kriminalhauptkommissar Martin Beltz, der unerlaubte Methoden anwendet, Nadeshda Brennicke die Mutter des entführten Mädchens. Foto: STUDIO HAMBURG PRODUKTION

Hamburg - Entführungen sind für Angehörige der blanke Horror. Eine gefühlsmäßige Achterbahnfahrt ohne Ausstieg mit permanentem Bangen zwischen Rettung und Tod. Der Entführungsfall des elfjährigen Jakob von Metzler in Frankfurt vor drei Jahren ist vielen noch in Erinnerung.

 

Doch wie weit darf ein Polizist gehen, um das Leben einer Geisel zu retten? Um diese zentrale Frage geht es in dem NDR-Film "Die Entscheidung", der gerade in Hamburg abgedreht wurde. Der 90minütige Krimi wird im Frühjahr in der ARD ausgestrahlt.

 

"Es ist die Geschichte eines Polizisten, der gegen den schweigenden Bruder des Entführers Gewalt anwendet und Erfolg mit seiner Methode hat: Der Mann verrät den Aufenthaltsort des Opfers, das entführte Mädchen kann gerettet werden - aber der Polizist wird vom Dienst suspendiert", faßt Produzentin Doris Zander (Studio Hamburg) den Inhalt zusammen. Die Filmgeschichte laufe also "völlig anders als im Entführungsfall Metzler, auch der Personenkreis ist ein anderer". Allerdings gerät der Kriminalhauptkommissar, gespielt von Christian Berkel, in einen ähnlichen Gewissenskonflikt wie die Ermittler im Fall Metzler. Er muß schnell agieren, um das Leben des Kindes zu retten. Das Mädchen ist zudem Diabetikerin, da zählt jede Stunde doppelt. Andererseits weiß der Kommissar, daß das Gesetz ihn nicht schützt, wenn er Gewalt androht oder sie ausübt. Er trifft die Entscheidung, seinem Gewissen zu folgen, und ist überzeugt, richtig gehandelt zu haben. Doch er zerbricht fast an den beruflichen Folgen.

 

"Die Spannung des Films resultiert aus der Gefühlslage aller Beteiligten", erläutert NDR-Fernsehspielchefin, Doris J. Heinze. Die Ausgangslage ist von Anfang an bekannt. Dem Zuschauer wird vor Augen geführt, "was passiert mit so einem Kommissar, der aus seiner Sicht moralisch im Sinne des Mädchens richtig gehandelt hat. Er hat immerhin das Kind gerettet!" Sein früherer Chef bei der Polizei hingegen tritt dafür ein, daß in einem Rechtsstaat Gewaltanwendung oder Folter nicht zulässig ist. Am Ende, so Heinze, könne man nicht sagen, "die eine Haltung ist moralisch nicht vertretbar, die andere schon - beides ist nachvollziehbar".

 

22 Tage drehte Regisseur Thomas Bohn mit seiner Crew. Und daß der Film nach einer Idee von Jürgen Kellermeier manch atemberaubendes Moment enthält, geht auch auf das Können einer ganz jungen Schauspielerin zurück. An elf Drehtagen war die erst acht Jahre alte Florentine Burkhardt in der Rolle des Entführungsopfers dabei. Die Schülerin wurde eigens von dem Kinder-Dialog-Regiecoach Patrick Dreikauss, selbst Vater einer Tochter, auf die schwierigen Passagen am Set vorbereitet. Dreikauss zeigte der jungen Akteurin, wie sie sich vor der Kamera bewegt, wie sie Gefühle ausdrückt oder nicht in die Kamera blinzelt. Was bei Nahaufnahmen gar nicht so einfach ist. Dreikauss ist selbst filmerprobt, er verfügt über eine Schauspieler- und Dialog-Regiecoach-Ausbildung und kann Regieanweisungen für Kinder gut übersetzen. Das wichtigste ist nach seiner Einschätzung, daß ein Kind "frei und spielerisch vor der Kamera stehen kann" und nicht mit den Abgründen eines Entführers konfrontiert wird.

 

"Die Entscheidung" greift ein ebenso juristisch verzwicktes wie hochemotionales Thema auf: Darf man Unrecht ausüben, um noch größeres Unrecht zu verhindern? Die Frage steht unausgesprochen dahinter. Im Fall Jakob von Metzler war der mutmaßliche Entführer schnell gefaßt, doch er schwieg hartnäckig über den Aufenthaltsort seines Opfers. Die mit dem Fall betrauten Beamten wußten noch nicht, daß der Junge schon kurz nach der Entführung getötet worden war. Sie fürchteten, das Opfer könnte möglicherweise in einem Versteck verdursten oder ersticken. Später wurde bekannt, daß die Ermittler dem Entführer, einem Jura-Studenten, Gewalt angedroht hatten, damit er das Versteck preisgibt. Es kam zum Prozeß. In der Gerichtsverhandlung verwarnte die Richterin den ehemaligen Frankfurter Polizei-Vizepräsidenten und den zuständigen Hauptkommissar lediglich.

 

erschienen am 12. Oktober 2005